COUPER DECALER électronique / New Black (Buback Tonträger/Indigo/Finetunes) Voe 13.01.12

Couper Decaler électronique. Das neue Ding, Leute.

Couper Decaler ist eine der wichtigsten Spielarten zeitgenössischer Popmusik Afrikas. Er entstand um 2003 in der Pariser Diaspora. Eine Bande junger Ivorer, genannt die Jet Set, schufen hier außerhalb der Wahrnehmung des weißen Frankreichs einen beispiellosen Hype, der ihren Ruhm zwischen Paris und Abidjan schnell pingpong-artig vervielfachte.

Beispielhaft für ihre dandyhaften Selbstinszenierungen war das unter die Leute schmeißen von Geld in den ivorischen Clubs der Pariser Vorstadt.

Die Musik für die Shows basierte auf schnoddrig zusammen geschusterten Drumcomputerbeats. Den schnellen, triolischen Grundbeat auf Basis einer 4/4 Bassdrum hatte man aus dem Kongo entnommen und leicht verifiziert. Die Texte handelten meist vom eigenen Ruhm und der Behauptung eines glamourösen Lebensstils und verweigerten sich jeder politischen Vereinnahmung.

Es gibt Leute, die behaupten, die Partykultur des Couper Decaler hätte während des bedrohlich schwelenden innenpolitischen Konflikts in der ersten Hälfte der 2000er ein schlimmeres Blutvergießen verhindert.

Die hier auf der CD vertretenen Sänger SKelly, Gadouku la Star, Gotta Lalman und Shaggy Sharoof repräsentieren verschiedene Generationen des Couper Decaler. Sie und andere haben die theatrale Inszenierung und die Erfindung neuer Tanzformen, den so genannten Konzepten, in den letzten Jahren kontinuierlich weitergetrieben. Längst ist Couper Decaler zum musikalischen und stilbildenden Selbstverständnis der ivorischen Jugend geworden, wenn gleich ältere Leute das Künstliche, nicht Handgemachte – eben das Elektronische an der Musik bemängeln. – Oder auch die Obszönität und Zügellosigkeit im Auftreten und in den Texten.

Die vorliegenden Tracks sind das Resultat verschiedener Kollaborationen, die sich durch den Austausch ivorischer Sänger und Produzenten mit europäischen MusikerInnen ergeben haben. Die Songs entstanden zwischen April 2010 und Mai 2011 zuerst in Abidjan, später in Berlin, Hamburg und während des Donaufestivals in Krems/Österreich.

Die Initiative für den Versuch, Couper Decaler Sänger und Produzenten mit in Deutschland ansässigen Musikern wie Melissa Logan, Nadine Jessen, Ted Gaier, Jacques Palminger, Carsten „Erobique“ Meyer, später auch Timor Litzenberger und Mense Reents zusammenzubringen, ging von der Gruppe Gintersdorfer/Klaßen aus. Sie untersuchen seit 2005 in Tanz-, Performance- und Theater-Aufführungen Phänomene aus der Côte d’Ivoire.

Von klassischen Couper Decaler, kombiniert mit europäischem Electro, über Couper Decaler Beats, erweitert um hiesige Produktionsweise und Soundverständnis, bis zu eher an Dub Step orientierten Beats mit Couper Decaler Gesang, finden sich auf New Black verschiedene Etappen dieser Zusammenarbeit.

Neu ist in diesem Zusammenhang auch, dass verschiedene Texte mehr oder weniger direkt Bezug nehmen auf die angespannte politische Lage in der Elfenbeinküste, die ende 2010 in einen 5-monatigen Bürgerkrieg mündete und über 3000 Todesopfer forderte. Diese Texte ergaben sich mehr oder weniger direkt aus der Arbeit an den von Monika Gintersdorfer inszenierten Theaterstücken (z.B. Das Ende des Westerns), die gegenwärtig an verschiedenen Bühnen aufgeführt werden.

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